Mehr als Taschenträger: Caddies im Profigolf

Vor kurzem ließ der Amerikaner Ted Scott aufhorchen. Der Mann am Bag von Scottie Scheffler wird in diesem Jahr mehr an Preisgeldern verdienen, als der überwiegende Teil der Golfprofis. Nur mit Taschentragen? Wir wollten es einmal genauer wissen und haben uns auf der DP World Tour umgeschaut. Wie unterstützten Caddies die Golfprofessionals auf der Runde? Welche Aufgaben erfüllen sie und wie wichtig sind sie tatsächlich für die Professionals?

Besucht man Profigolfturniere als Zuschauer oder verfolgt diese am Bildschirm, sieht man sie: die Schattenmänner bzw. -frauen der Golfprofis. Häufig in kurzen Hosen, manchmal in Overalls, mit Golfpolo, Capy, Schlapphut oder barhäuptig. Immer ein Leibchen am Oberkörper, das durch einen Namenszug verrät, zu welchem Pro oder welcher Proette sie gehören. Sie tragen das Bag, putzen Bälle und Schläger, reichen Getränke oder Snacks und vertiefen sich in Yardage Books. Häufig schreiten sie mit ausladenden Schritten für Zuschauer*innen unsichtbare Referenzpunkte ab. Vor dem Schlag rupfen sie Gras aus dem Untergrund und werfen es in die Luft um die Windrichtung zu bestimmen. Manche legen sich vor dem Putt ihrer Chefs hinter die imaginäre Puttlinie, um mögliche Breaks des Grüns besser zu erkennen.

Ein Golfer steht hinter seinem Caddie, der auf dem Rasen liegt und die Puttingline betrachtet

Alleine diese Aufzählung zeigt schon, dass sie mehr können als bloß das Golfbag zu tragen. Profis wie Max Rottluff schätzen zudem die Meinung der Caddies: Der Caddie muss „ein Verständnis für den Platz bekommen und für die Strategie des Spielers. Ich würde nicht sagen, dass ein Caddie etwas besser kann als ein Profi aber es ist hilfreich, jemanden zu haben, der einem in gewissen Situationen eine gute zweite Meinung geben kann.“ Doch was steckt hinter diesen Golfassistenten? Wie werden sie zu Helfern auf den Fairways und Grüns und wie gestalten sich ihre Einkünfte?

Caddie-Ausbildung im Club oder in Verbänden

Viele Golfclubs bieten Ausbildungsprogramme für werdende Caddies an. Hier kann man die Grundlagen eines guten Caddyings lernen. Dazu gehören z.B. Organisationsfähigkeit, Regelkenntnisse und Orientierung auf dem Platz. Aber auch persönliche Skills wie Empathie, Ruhe, Stressresistenz, Vertraulichkeit und Fitness gehören zum Rüstzeug eines guten Caddies. Erste Erfahrungen können Caddie-Novizen z.B. in Golfresorts sammeln, in denen häufig zur Urlaubszeit Helfer gesucht werden.

Darüber hinaus gibt es Caddie-Vereinigungen, über die man gezielte Fortbildungen besuchen kann. Über einen solchen Verband erhalten Mitglieder zudem Einsatzmöglichkeiten auf den verschiedenen Golftouren. Häufig sind Caddies selbst gute Golfer, die sich aus unterschiedlichen Gründen für eine Arbeit hinter dem Bag entscheiden. Dies können mangelnde spielerische Entwicklungsmöglichkeiten sein oder der Wunsch, selbst nicht im Rampenlicht zu stehen. Bei anderen steht der Wille, einer*m Freund*in oder einer*m Verwandten bei dessen bzw. deren Kariere helfen zu wollen, im Vordergrund.

Auch als Psychologe gefragt

Neben den technischen Unterstützungen spricht man immer wieder auch von psychologischen Hilfen, die Caddies ihren Pro*etten auf der Runde geben können. Dabei ist es wichtig, dass die Chemie zwischen beiden Parteien stimmt. Einerseits bleiben diese Gemeinschaften oft über Jahre zusammen. Andererseits muss auch die Zusammenarbeit auf dem Platz funktionieren. „Ich bin ein Freund davon, eine entspannte Runde zu spielen. Ich möchte auf jeden Fall jemanden an der Tasche haben, der Humor hat, viel lacht und gut drauf ist““, sagt Golfprofi Yannik de Bruyn. Zudem muss ein Caddie je nach Spielsituation wissen, wie er mit seinem Partner oder seiner Partnerin umgehen muss. Wann ist Motivation angesagt, wann muss Euphorie gebremst werden und wann muss der Matchplan verfolgt oder angepasst werden? Deshalb fungieren Caddies auch ein wenig wie Psychologen, die sich flexibel auf ihre Golfer*innen einstellen.

Familienbande

Am einfachsten scheint das zu gelingen, wenn Caddie und Pro*ette eine verwandtschaftliche Beziehung haben. Eines der berühmtesten Beispiele für ein „Familienunternehmen“ sind der Engländer Lee Westwood und seine Frau Helen Storey. Seit 2018 erschienen sie gemeinsam auf Turnieren. Storey spielt selbst gut Golf und begleitet ihren Mann seit 2022 auch auf der LIV Tour.

Ein prominentes Duo auf der DP World Tour bilden Marcel und Pascal Schneider aus Deutschland. Die beiden Brüder touren jetzt im dritten Jahr gemeinsam auf der europäischen Turnierserie. Pascal sieht vor allem den Vorteil, dass man sich sein Leben lang kennt: „Es ist gut immer einen Vertrauten um sich zu haben. Auch während der Runde ist es so, dass man auch mal Frust loswerden lassen kann. Wir sind Brüder, wir verstehen das. Ich spiele selber Golf, da musst du das manchmal rauslassen.“

Regelmäßiges Caddying ist Pflicht

Hans Gerling, Profi-Caddie auf der DP World Tour, erklärt uns, dass nicht jede*r Pro*ette ständig jemanden an seiner Seite hat. Während man auf der Ladies Tour teilweise Proetten sieht, die ihr Bag alleine über den Platz schieben, ist dies im Männergolf auf höchstem Niveau selten. Diese bedienen sich einerseits aus einem „Local Caddie Pool“, aus dem Club-Caddies gebucht werden können.

Andererseits existieren internationale Caddie-Verbände, von denen Spieler*innen im Vorfeld eines Turniers einen Caddie engagieren können. Diese Caddie-Springer stellen sich im Laufe einer Saison für bestimmte Turniere, die sie selbst wählen können, zur Verfügung. Um auch im kommenden Jahr am Bag stehen zu dürfen, müssen sie an mindestens 12 Turnieren teilnehmen. Damit sie ständig auf dem neusten Stand der Regelkunde sind, werden spezielle Caddie-Fortbildungen angeboten. Im Rahmen dieser Seminare wird auch ihr Verhalten auf dem Platz von Dozenten bewertet.

Verdienst ist abhängig vom Können der Professionals

Der Verdienst von Caddies ist recht unterschiedlich. Die festangestellten Golfassistenten verdienen per Arbeitsvertrag anders als die temporären Caddies. Für ein Engagement geht man von einem Grundverdienst zwischen 1000 und 1500 Euro aus. Bei außergewöhnlichen Kosten, z.B. durch hohe Flug- oder Hotelpreise, kann seitens des Pros auch noch ein Extrabetrag dazukommen. Hiervon müssen die Caddies Anreise, Unterkunft und Verpflegung bestreiten. Im Turnier stehen ihnen kostenlose Mahlzeiten und Getränke in eigenen Caddie-Lounges zur Verfügung. Hier befinden sich auch Umkleiden und sanitäre Anlagen, die sie sich mit den Golfern teilen.

Sollte der Pro oder die Proette den Cut schaffen, verdienen ihre Begleiter in der Regel mindestens 5% des letztendlichen Preisgeldes. Eine Platzierung zwischen Nummer zehn und zwei sorgt für einen 7,5-prozentigen Anteil am Gewinn. Der Sieg spült schließlich 10% der Gewinnsumme in die Kasse des Caddies. Da Scottie Scheffler 2024 bereits ein Preisgeld von über 26 Millionen Euro erspielt hat, kommt sein Caddie Ted Scott schon auf ungefähr 2,5 Millionen Euro. Eine Summe, die nur ein Bruchteil der Profigolfer im Laufe der gesamten Saison erwirtschaften wird.

Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/ 

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