Chipper Kurs bei Glyn Stevens: Den unterschätzten Golfschläger ergründen
Der Chipper ist ein Schläger, der entwickelt wurde, um Golfspieler*innen den kurzen Schlag ins Grün zu erleichtern. Trotzdem hat er unter Spieler*innen kein gutes Standing. Aber warum ist das so? In einem Selbstversuch haben wird uns davon überzeugen lassen, dass der Chipper doch so seine Qualitäten hat.
„Den habe ich schon lange im Bag, aber ich spiele nicht mit ihm”. „Ich chippe lieber mit Wedges”. „Der ist doch nur etwas für Ältere”, so oder so ähnlich lauten die Antworten, fragt man Golfspieler*innen nach dem Chipper. Auch an dem sonnigen Sonntag im Juli ist das auf der Anlage des Golfclubs Wasserschloss Westerwinkel nicht anders. 17 Golfer*innen haben sich zu einem Chipper Kurs bei Golfpro Glyn Stevens eingetroffen. Sie wollen in die Geheimnisse dieses bei vielen unbekannten Schlägers eintauchen.
Historisches Highlight im Zentrum des Golfplatzes
Der Golfclub liegt im südlichen Münsterland, in der Nähe der Ortschaft Ascheberg. Im Zentrum der Anlage befindet sich ein Wasserschloss aus dem 17. Jahrhundert. Es ist eines der frühesten Barockschlösser Westfalens. Die Bahnen des Golfclubs führen um dieses, bei vielen Ausflüglern beliebte historische Highlight herum. Auf den ersten Neun finden sich breite Fairways und große Grüns. Alles in einem hervorragenden Zustand, trotz des Regenwetters der letzten Wochen. Das Green der 8 ist von einer Natursteinmauer von dem davor liegenden Wassergraben getrennt. Eine anspruchsvolle Annäherung muss hier gemeistert werden.
Topographisch schön sind auch die zweite und die neunte Bahn, bei denen das Fairway durch eine Senke überspielt werden muss, bevor es auf die exponierten Grüns geht. Die zweiten Neun spielen sich mehr wie ein Parklandkurs, mit dem Signature Hole auf der 18. Von einem erhöhten Abschlag spielt man ein Dogleg zurück zum Clubhaus. Insgesamt ein schöner Kurs mit fairen Anforderungen für alle Spielstärken in einem sehr guten Pflegezustand.
Chipper wird gespielt wie ein Putter
Glyn Stevens, ist ein waschechter Brite. Er ist seit fünf Jahren Golflehrer im GC Wasserschloss Westerwinkel. Mehrmals in der Saison bietet er Themenkurse zu speziellen Golftechniken oder -schlägern an. Heute ist der Chipper dran. Zunächst erläutert er, wofür der Schläger gedacht ist: „Für alle Schläge um das Grün herum ist er geeignet, bei denen der Ball noch zum Loch hin ausrollen kann”. Also Annäherungschips, die sonst mit einem Sandwedge oder Gapwedge gespielt werden.
Den Vorteil gegenüber diesen Schlagvarianten erklärt der Pro so: „Der Chipper wird gespielt wie ein Putter. Das heißt, man macht lediglich die vom Putten bekannte Pendelbewegung und schwingt nicht so weit aus.” Durch die Reduktion der Ausholbewegung minimiert man Fehler, die auf der Schwungbahn passieren können. Hierbei ist zu beachten, dass das Ende des Schlägers bei der Rückholbewegung auf die Körpermitte zeigt. Je nach anvisierter Weite kann auch eine leichte Kippbewegung der Handgelenke dazukommen. Im „Durchschwung” bleiben Handgelenke und linker Arm aber gerade um das sogenannte Löffeln zu verhindern.
Den Landepunkt mit Bedacht wählen
Nach der Theorie geht es an die Praxis. Zunächst treten alle Teilnehmer*innen für einen Schlag vor der Gruppe an. Gemeinsam wird das Ergebnis begutachtet und diskutiert, ob es Verbesserungspotenzial gibt. Dann stehen wir alle im Kreis um das Übungsgrün und chippen unsere Bälle auf zwei Fahnenpositionen.
Stevens geht dabei von einem zum anderen und gibt hilfreiche Tipps. So langsam wird uns bewusst, dass die oft unsicheren Chips vor dem Grün mit dem Chipper und den kleinen Pendelbewegungen genauer rollen, als mit den Wedges. Herausfordernd ist allerdings die Längenkontrolle. Der Landepunkt muss gut gewählt werden, bei kurzen Chips eher im Vorgrün, bei langen auf dem Grün.
Üben, üben, üben
„Was meint ihr, warum wir keinen Chipper im Bag von Profis sehen?”, fragt uns der Pro nach mehreren Übungsrunden. „Weil sie chippen können. Sie trainieren das jeden Tag. Wie oft habt ihr in der letzten Woche chippen geübt?” Amüsiertes Schweigen. Jede und jeder geht in Gedanken durch, ob man es überhaupt in den letzten Wochen gemacht hat. Dass wir nun mit dem Chipper eine Alternative haben, soll uns dennoch nicht vom Trainieren abhalten. „Was sind die drei wichtigsten Worte im Golf?”, fragt der Engländer. Seine erfahrenen Schüler*innen antworten beinahe im Chor: “Üben, üben, üben.” Man merkt, dass hier eine freundschaftliche Atmosphäre untereinander herrscht.
Diese gute Laune wird auch durch das abschließende kleine Turnier nicht getrübt. Nacheinander treten wir zum ultimativen Chip mit unserem neuen „Lieblingsschläger” auf eine tief ins Grün gesteckte Fahne an. Während wir uns im hinteren Drittel wiederfinden, legen zwei Spieler*innen ihre Bälle neben den Fahnenstock. Vollkommen verdient erhalten sie vom Pro Preise in Form von Trainingsgutscheinen. Ob sie diese fürs Üben mit dem Chipper verwenden werden, verraten sie nicht. So gehen kurzweilige 90 Minuten vorbei, in denen uns allen die Vorteile des Chippers in unterhaltsamer Weise vor Augen geführt wurden. Wir werden ihn nun als 14. Schläger mit ins Bag nehmen. Welcher Schläger dafür weichen muss, ist allerdings noch nicht entschieden.
Fotos: Biller
Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/