Kalle Samooja gewinnt die Porsche European Open – Vier deutsche Spieler unter den Top 20
Nach einer sensationellen Aufholjagd gewinnt völlig überraschend der Finne Kalle Samooja die siebte Austragung der Porsche European Open mit einer 64er Runde – ein Rekordergebnis für das Event auf dem Porsche Nord Course und ein neuer Platzrekord für das aktuelle Layout des Kurses. Der Finne verbesserte sich mit seiner Rekordrunde von Rang 22 nach drei Runden an die Spitze und sicherte sich damit seinen ersten Sieg im 89. Start auf der DP World Tour.
„Vom Abschlag bis zum Grün war ich die gesamte Woche schon richtig gut. Aber ich habe einfach schlecht geputtet. Als ich heute die Fahnenpositionen gesehen habe, wusste ich, dass ich, wenn ich so gut weiterspiele, viele Chancen bekommen würde und diese dann vielleicht lochen kann – und das habe ich heute getan“, so Samooja, der früh ins Clubhaus gekommen war und dort rund zwei Stunden auf die Konkurrenz warten musste.
Am Pfingstwochenende waren die Porsche European Open in ihre finale Runde gestartet. 156 Spieler hatten am Donnerstag das Turnier eröffnet. Im Vorfeld gab es allerdings schon prominente Ausfälle: So musste der 2019er Sieger Paul Casey aufgrund einer Verletzung seinen Start absagen. Am Tag vor der der ersten Teetime erwischte es dann auch noch Deutschlands aktuell erfolgreichsten Golfer, Martin Kaymer, der aufgrund einer Handgelenksverletzung nicht in Winsen an der Luhe antreten konnte. Kaymer hatte sich noch im Vorfeld des Turniers gefreut, wieder vor heimischem Publikum aufteen zu können.
Bereits in den ersten beiden Runden zeigte sich, dass das „Grüne Monster” nur schwer zu bezwingen war. Lagen nach der ersten Runde der Chinese Haotong Li sowie der Schwede Joakim Lagergren mit 5 unter Par auf dem geteilten ersten Rang, büßten beide in der zweiten Runde Schläge ein, fanden sich aber noch unter den Top Ten wieder. Spitzenreiter war der Sieger von 2017 Jordan Smith mit 6 unter Par, gefolgt von dem Franzosen Victor Perez, dem Sieger der Dutch Open in der letzten Woche, mit 4 unter Par auf dem alleinigen zweiten Platz. Keiner der Spitzenspieler konnte sich bis dahin deutlich absetzen.
Topstars müssen um den Cut kämpfen
Aus den Reihen der deutschen Spieler qualifizierten sich Marcel Siem und Alexander Knappe auf dem geteilten achten Platz mit 1 unter Par für das Wochenende. Knappe war selbst über diese Platzierung überrascht, war seine Turniervorbereitung aufgrund mehrtägiger Zahnschmerzen doch alles andere als optimal verlaufen. Insgesamt schafften acht von 18 deutschen Startern den Cut.
An diesem Wert, der am Wochenende bei +4 lag, scheiterten einige prominente Spieler. So zum Beispiel der Pole Adrian Meronk, der in der Vorwoche knapp den Sieg in den Niederlanden verpasst hatte. Ebenso erwischte es den Engländer Andy Sullivan sowie dessen Landsmann und 2018er Sieger Richard McEvoy. Auch der junge Schotte Robert McIntyre musste vorzeitig die Koffer packen. Nicolai Hojgaard, sah nach einer 80er Runde am Donnerstag keine Chance mehr für sich und trat am Freitag nicht mehr an.
Die beiden Topstars Tommy Fleetwood und Henrik Stenson mussten kämpfen, um das Wochenende in Winsen zu erreichen. Fleetwood schaffte es auf dem geteilten 46. Platz mit 3 über Par. Stenson machte sich auf den Back Nine das Leben selbst schwer. Er leistete sich zwei Doppelbogeys. Auf der 18. Bahn gelang ihm jedoch ein Eagle, womit er ebenfalls mit +3 ins Clubhaus kam und somit dem Turnier erhalten blieb, was die Zuschauer besonders freute. Letztlich landete Fleetwood nach zwei ordentlichen Schlussrunden auf dem 10. Platz mit 1 unter Par. Bei Stenson lief es nicht ganz so wie gewünscht. Der Schwede beendet das Turnier nach einer 74 am Samstag und einer 71 am Sonntag auf dem geteilten 34. Platz. Sicherlich zu wenig für seine Ambitionen.
Hole in One am falschen Loch – Porsche knapp verpasst
Am dritten Turniertag teeten 74 Spieler in 37 Zweierflights bei strahlendem Sonnenschein auf. Wie schon an den vorangegangenen Tagen war die Anlage gut mit Zuschauern gefüllt. Viele begleiteten die Spieler über den Platz, wobei vor allem die deutschen Spieler sowie die Führenden im Fokus standen: Victor Perez und Jordan Smith, die als letzter Flight auf den Porsche Nord Course gegangen waren, folgten viele Golffreund:innen. Diese erlebten gleich am zweiten Loch das Highlight des Tages: Victor Perez schlug auf der circa 180 Meter langen Bahn, dem sogenannten Bulldog, ein Hole in One. Leider erzielte der Franzose das Ass am „falschen“ Loch, denn auf dem 17. hätte er einen Porsche Taycan Turbo S Sport Turismo als „Hole in One” Preis sein Eigen nennen können. Aber auch so freute er sich über dieses Kunststück und nahm sich vor, dies am letzten Turniertag auf der 17 nochmal zu wiederholen.
Als besonders knifflig erwies sich am Samstag die Fahnenposition an der 18. Bahn. Reihenweise wurden hier Ein-Meter-Putts vorbeigeschoben, was man bei diesem qualitätsvollen Teilnehmerfeld eher nicht erwartet hätte. Besonders bitter erwischte es Joakim Lagergren, der das Grün zwar mit dem zweiten Schlag erreichte, jedoch insgesamt vier Putts benötigte, um den Ball einzulochen. Das kostete ihn einen Schlag auf der Par 5 und bedeutete damit „nur” Platz zwei, einen Schlag hinter Victor Perez. Selbstkritisch stellte der Schwede fest: „Es ist nicht der Golfplatz, der schwer ist, wenn man aus drei Fuß drei Putts macht. Das ist man selbst. Aber es ist ein harter Kurs. Einer der härtesten Orte, die wir das ganze Jahr über besuchen, aber immer noch fair und wirklich gut.“
Die deutschen Spieler zeigten sich am Moving Day weiterhin in guter Form. Alexander Knappe konnte nach einer 73 seine gute Ausgangsposition auf dem elften Platz halten. Dahinter platzierten sich Matti Schmid, Yannik Paul, Marcel Siem, Freddy Schott und Marcel Schneider mit Runden zwischen 72 und 75 unter den ersten 31 Spielern des Feldes und wahrten damit ihre Chance auf eine gute Platzierung.
Der Finaltag begann dann, wie der Samstag geendet hatte: mit strahlendem Sonnenschein! Der Turnierverlauf entwickelte sich zu einem wahren Krimi! Nachdem sich einige Spieler aus der Spitzengruppe verabschieden mussten, kamen andere von den hinteren Rängen nach vorne. Als sich der letzte Flight mit den Franzosen Julien Brun und Victor Perez das Grün der 9. Bahn betraten, lagen insgesamt fünf Spieler mit 4 unter Par an der Spitze. Darunter befand sich auch mit Kalle Samooja ein neuer Name auf dem Leaderboard.
Golf-Krimi am Finaltag
Der 25-jährige Finne war bereits um 10:55 Uhr im 25. Flight gestartet und spielte sich Bahn für Bahn nach vorne. 2019 scheiterte Samooja noch am Cut, bei der letzten Auflage des Turniers im Jahr 2021 hatte er immerhin einen 18. Rang erreicht. Nun startete er eine Aufholjagd, die er sich bereits vor der letzten Runde vorgenommen hatte: „Ich hatte die sechs oder sieben unter Par heute Morgen im Kopf. Ich dachte, eine acht unter könnte genug sein.“ Und das war sie. Seine Runde von 8 unter Par brachte ihn auf 6 unter Par – damit lag er am Ende zwei Schläge vor dem Niederländer Wil Besseling und drei Schläge vor Richard Mansell (England) und Victor Perez (Frankreich).
Perez ließ auf der Runde zu viele Chancen für ein besseres Ergebnis liegen. Als sein Abschlag auf der letzten Bahn so unglücklich hinter einem Baum landete, dass er, anstatt das Grün anzugreifen, den Ball nur aufs Fairway chippen konnte, war das Turnier entschieden. Über die große Leinwand am Kopf der 18 konnten die Zuschauer verfolgen, wie Kalle Samooja im Clubhaus erste Glückwünsche zu seinem Triumph entgegennahm. Bei der Siegerehrung dankte der Finne den Organisatoren, dem Sponsor, dem Greenkeeping und den Volunteers auf Englisch bevor er sich auf Deutsch an die Zuschauer wandte: „Vielen Dank Deutschland“
Und die deutschen Spieler? Marcel Schneider erreichte mit einer sensationellen 67er Runde noch den geteilten fünften Rang und sicherte sich damit die Qualifikation für die US Open. Auch Yannik Paul löste mit seinem 18. Rang das Ticket für das Major in den USA in knapp zwei Wochen. Grund zur Freude hatte auch Marcel Siem mit einem spektakulären Eagle auf der 18. Bahn: „Das war der lauteste Jubel, den ich je in Deutschland bekommen habe!“ Yannik Paul sagte: „Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, es war eine geile Woche“ – und Nicolai von Dellingshausen, ebenfalls 18., lobte den Kurs: „Der Platz ist der Hammer, er fordert einen in jeder Hinsicht und es macht wirklich Spaß, hier zu spielen.“
Somit fand ein großartiges Turnier ein versöhnliches Ende. Doch eine Überraschung hatte der Veranstalter noch für das Publikum parat: In den zehn Minuten zwischen dem letzten Put und der „Trophy Ceremony“ wurde es nochmal stimmungsvoll. Dafür sorgte die Brassband „Knallblech“ aus Bonn, die mit ihren Blasinstrumenten Partyhymnen in mitreißender Performance boten! Die Zuschauer:innen wurden sofort mitgerissen, klatschten und tanzten zu den fetzigen Disco-Beats. Ein schöner Kontrast zu der ansonsten angemessenen, eher dezenten Stimmung am 18. Loch in den Tagen zuvor.
Das Fazit gehörte Turnierdirektor Dirk Glittenberg, der mit seinem Team ein fantastisches Event auf die Beine gestellt hatte, bei dem keine Wünsche offenblieben: „Es ist einfach großartig, wieder so viele glückliche Fans auf den Green Eagle Golf Courses zu sehen. Die Stimmung in Verbindung mit dem schönen Wetter und den besonderen Side-Events im Public Village war wirklich fantastisch und die vielen Menschen hier werden die Botschaft nach außen tragen, dass die Porsche European Open 2022 ein mitreißendes Event waren – und das mit einem sehr sympathischen Sieger.“ Zudem kündigte Glittenberg an, dass die Porsche European Open im kommenden Jahr wieder vom 1. bis 4. Juni – eine Woche nach Pfingsten – auf den Green Eagle Golf Courses stattfinden werden.
Fotos: Porsche European Open
Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog www.derfreizeitgolfer.de.