Scottie Scheffler und der zweite Masters Sieg
Zum zweiten Mal durfte sich Scottie Scheffler am vergangenen Sonntag das grüne Jacket von Augusta anziehen. Eine Leistung, die in seinem jungen Alter von erst 27 Jahren vor ihm lediglich vier Golfer erbracht haben. Höchste Zeit, die Einzigartigkeit dieses wohl besten Golfers der letzten Jahre einmal hervorzuheben.
Was für ein Durchbruch hätte es sein können für den jungen Ludvig Aberg. Schon im vergangenen Jahr sorgte der schwedische Rookie für die ein oder andere Sensation. Schon im ersten Jahr zwei Siege auf der PGA Tour – der 24-Jährige vollbrachte großes. Und dann, bei seiner zweiten Masters Teilnahme: Mit 281 Schlägen erreichte der Shootingstar ein Ergebnis von -7 auf dem heiligen Rasen von Augusta. Damit distanzierte er seine drei Verfolger deutlich. Diese bestanden aus den etablierten Stars Max Homa, Collin Morikawa und Tommy Fleetwood. Sie alle notierten am Ende eine -4.
Doch dies bedeutete für das Trio nicht den geteilten zweiten Platz, sondern den geteilten dritten Platz. Aberg wurde mit seiner fantastischen Leistung nicht Erster, sondern Zweiter. Denn ein Mann thront derzeit auf der PGA Tour über allen anderen: Scottie Scheffler. Mit 277 Schlägen über das Turnier verteilt war er noch einmal vier Schläge besser als der sensationell aufspielende Aberg. Insgesamt war es mal wieder ein Turnier der Superlative, bei dem sich der Texaner scheinbar spielerisch durchsetzen konnte. Denn durch die eigens von den Organisatoren festgelegten Qualifikations-Kriterien waren nicht nur die besten Golfer der PGA Tour dabei, sondern auch ganze 13 Stars, die mittlerweile auf der LIV Tour spielen.
Weltklasse-Leute wie Dustin Johnson, Viktor Hovland oder Justin Thomas verpassten den Cut. Ebenso Shootingstar Nick Dunlap und die deutsche Hoffnung Stephan Jäger. Tiger Woods – der vielleicht einzige, der durch seine bloße Anwesenheit noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als Top-Favorit Scheffler – schaffte den Cut so eben, belegte aber letztlich mit 16 Schlägen über par den 60. Platz. Vorjahressieger Jon Rahm und dessen LIV-Kollege und amtierender PGA Championship Sieger Brooks Koepka waren mit 9 über par und dem geteilten 45. Platz nur unwesentlich besser. Viele Stars beklagten die windigen Verhältnisse, die in diesem Jahr in Augusta herrschten.
Auch Babypause wird nichts ändern
Doch Scheffler kann das alles offenbar nichts anhaben. Sein Triumph ist nur folgerichtig. Denn 2024 scheint Scheffler fortzuführen, was er bereits in den beiden Vorjahren zeigte: absolute Dominanz im internationalen Golfsport.
Zu seinem Höhenflug setzte Scheffler vor fast genau zwei Jahren an: Mit dem Gewinn der WGC-Dell Match Play Championship erklomm der Texaner erstmals die Spitze der Weltrangliste. Im selben Jahr siegte er auch erstmals in Augusta, was seinen Status als der neue Superstar im internationalen Golfsport endgültig zementierte. Natürlich gewann Scheffler seither nicht jedes Turnier, an dem er teilnahm. So verdrängten ihn Rory McIlroy oder der mittlerweile zur LIV abgewanderte Jon Rahm zwischenzeitlich von der Spitze der Weltrangliste. Rahm holte sich im vergangenen Jahr den Sieg beim Masters und Scottie Scheffler musste ihm somit ins grüne Jacket helfen – was dann allerdings in diesem Jahr andersrum von statten ging.
Doch alles in allem ist die Konstanz, mit der Scheffler seit nunmehr zwei Jahren auf den Golfplätzen dieser Welt brilliert, absolut beeindruckend. Allem Anschein nach will er 2024 auch genau dort weitermachen. Sieg beim Arnold Palmer Invitational, Sieg bei der The Players Championship und jetzt das Masters – wer weiß, wo das noch hinführt. Es scheint, als habe Scottie nicht vor, sich eine Auszeit zu nehmen – außer für ganz besondere Umstände.
Denn Schefflers Ehefrau ist hoch schwanger und erwartet das erste Kind. Der Weltranglistenerste hat angekündigt, sofort abzureisen, falls es mit den Wehen losgeht. Insofern war es schon nicht selbstverständlich, dass der Nachwuchs dem werdenden Papa noch Zeit gelassen hat, das Masters zu gewinnen. Bei Redaktionsschluss weilt Scheffler auf Hilton Head Island in South Carolina und versucht, das nächste Signature Event zu gewinnen: Das RBC Heritage. Mit -2 nach der ersten Runde siegt es in puncto Cut gut aus. Sollte er das Turnier vorzeitig abbrechen, so dürfte dies an seiner Vormachtstellung erstmal nichts ändern. Seine Konkurrenten schlafen nicht. Zwar haben Homa und Fleetwood an Tag 1 lediglich par geschlagen, doch Ludvig Aberg und Collin Morikawa sind bereits in den Top 10.
Der Nachfolger von Tiger Woods?
Doch selbst bei einer kurzen oder auch längeren Babypause ist kaum davon auszugehen, dass Scheffler nicht mit gleicher Form aus selbiger zurückkommen wird. Und dass er dann jene Weltranglistenpunkte, die ihm in der Auszeit entgangen sind gegenüber der Konkurrenz schnell wieder aufholen wird. Zu gefestigt zeigt er sich schon seit Jahren in seiner Ausnahme-Klasse.
Mit erst 27 Jahren schon zwei Siege beim Masters: Das haben vor ihm lediglich vier Golfer geschafft: Horton Smith im Jahr 1936, Jack Nicklaus im Jahr 1965, Seve Ballesteros im Jahr 1983 und Tiger Woods im Jahr 2001. Angesichts dieser Bilanz ist es klar, dass sich die Superlative häufen. Einige Experten zählen ihn jetzt schon zu den 15 bis 20 besten Golfern aller Zeiten und sagen, der neuerliche Masters-Sieg habe dies lediglich bestätigt. Andere sehen in ihm jetzt schon den legitimen Nachfolger von Tiger Woods. Um mit dessen Erfolgsbilanz gleichzuziehen, braucht es noch so manchen Turniersieg. Doch mit erst 27 Jahren hat Scottie Scheffler noch viel vor sich.